The Business of Brand Management
What Matters Most

Mehr ist mehr als mehr.

Günther Misof

Seine letzte Kolumne für PAGE vom 08.03.23 hat Jürgen Siebert mit „Mehr ist mehr“ betitelt. Er zielt damit auf das neue BURBERRY-Branding sowie auf das „gesichtslose Redesign“ von BALENCIAGA, BALMAIN, CALVIN KLEIN, GUCCI, VALENTINO, YVES SAINT LAURENT und beschreibt,  „was ein gut gefüllter Werkzeugkoffer mit Brandelementen wert ist“.

Obgleich Einzigartigkeit – zumindest was ihre Produkte anbelangt – als oberste Prämisse gilt, wird ein eigenständiger, konsistenter, nachhaltiger Markenauftritt von Teilen dieses Wirtschaftszweiges nicht für notwendig erachtet. Offenbar zählt nicht, dass die Zeit der „Brandzeichen“ als alleiniges Markenelement schon lange der Vergangenheit angehört. Brand Identity, mehr als ein Logo die Summe aller Markenattribute, scheint in dieser Branche nicht von Belang zu sein. Obwohl insbesondere die großen Modeunternehmen verstanden haben sollten, welche Bedeutung ein durchgängiges Markenerlebnis, was eine Marke als Werttreiber ausmacht. Die unendlichen Rechtfertigungen der ständigen Wechsel im Markenbild – auch die Begründung durch die angeblich „neue mobile Welt“ – und dies nicht nur von den Unternehmen selbst, sondern auch noch von den allgewärtigen Beratern angefeuert, machen sprachlos.

Aber hat die Modebranche nicht schon immer ein indifferentes (Marken-)Bild abgegeben?

Anstatt eines langfristigen Markenauftritts, zählt vielmehr „Neu“ – Saison für Saison, Kollektion um Kollektion. Unverwechselbarkeit über alle Touchpoints hinweg aber nicht. Für die Markenkommunikation reicht scheinbar ein Foto und ein Logo völlig aus. Schaut man ein wenig zurück, ist eine eigenständige Bildsprache die ein nachhaltiges Markenerlebnis ermöglicht, abgesehen von einigen positiven Ansätzen wie bei Armani,  Dolce & Gabbana,  Marc O´ Polo, an die ich mich erinnere, selten auszumachen. Die meisten Marken setzen auf mehr oder weniger spektakuläre Fotostrecken mit einem Logo als Absender – auf einen Einheitsbrei ohne erkennbare Eigenständigkeit/Wiedererkennbarkeit. Schon vor etlichen Jahren habe ich in Vorträgen Anzeigenkampagnen mit unterdrückten Logos präsentiert und feststellen können, dass meine Zuhörer keine Marken-Zuordnung treffen konnten, aber in einigen Fällen die „Handschrift“ des Fotografen erkannt haben.

Macht diese Strategie – insbesondere in der heutigen Zeit – Sinn? Ist es nicht Zeit, auf einen „gut gefüllten Werkzeugkoffer mit Brandelementen“ zuzugreifen und das Markenerlebnis konsistent an allen Berührungspunkten sicher zu stellen?

Ein Beitrag von:
20. Mai 2023

Über den Autor:

Günther Misof ist "Founder" von THE BUSINESS OF BRAND MANAGEMENT. Er verfügt über mehr als vierzig Jahre Erfahrung in Markenführung/Brand Management als Gründer, Geschäftsführender Gesellschafter, Partner und Managing Director von mehreren Beratungsunternehmen in Frankfurt am Main und New York.