Die Digitalisierung schreitet voran. Arbeitsabläufe werden schneller und schneller, Arbeitsumfelder immer unübersichtlicher. Das bringt Unruhe ins System Unternehmen. Oder lebenspraktisch ausgedrückt: Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind derzeit tief verunsichert. Sie brauchen verlässliche Führung, ein verbindliches Miteinander, eine offene und angstfreie Arbeitsatmosphäre und Austausch auf Augenhöhe. Doch was so einfach und naheliegend klingt, bedarf strategischer Planung und muss tief in der Unternehmenskultur verankert werden. Aber auf welchem Weg?
Die Welt hat sich verändert. Unternehmen agieren globaler als noch vor wenigen Jahrzehnten, geschäftliche Entscheidungen sind komplexer, Abläufe rasanter, das Umfeld volatiler. Wer dauerhaft wettbewerbsfähig bleiben will, muss schnell auf neue Anforderungen reagieren und zugleich qualitätsgesicherten Output gewährleisten. Auf diese Herausforderungen antworten die Unternehmen in der Regel mit folgenden Maßnahmen:
Sie standardisieren, automatisieren und/oder digitalisieren routinierte Arbeitsschritte, um Prozesse zu straffen.
Sie überdenken bestehende Organisationsformen und passen diese sukzessive an. Doch das bringt Unruhe ins System. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden permanent vor Herausforderungen gestellt: Sie müssen neue Methoden anwenden, neue Strukturen gestalten, mit neuen Kollegen, in neuen – womöglich interkulturellen – Teams. Und selbst wer bis dato in seinem täglichen Arbeiten noch nicht von Reformen betroffen sein sollte: Das Zeitalter der Digitalisierung hat begonnen. Das weiß jeder Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin.
Damit einher geht zwangsläufig eine tiefe Verunsicherung. Verliere ich meinen Arbeitsplatz? Wo in diesem Unternehmen werde ich künftig arbeiten? Ist meine Erfahrung überhaupt noch etwas wert?
Treffen diese – oft unausgesprochenen Fragen – auf fehlende Kommunikation und Intransparenz seitens des Arbeitsgebers, bedeutet dies das Ende jeglicher Art proaktiven und kollaborativen Miteinanders. Doch genau dieses Miteinander ist die Triebkraft für ein effektives und effizientes Zusammenarbeiten – in volatilen Zeiten und im Hinblick auf ein vom Unternehmen anvisiertes „Innovation development“ mehr denn je. Denn das ist es, worum es letztlich im Kern geht: Produktivität und Innovationsentwicklung sind die Triebfedern jedes Unternehmens – nur so bleiben sie wettbewerbsfähig und können ihren Marktvorsprung ausbauen.
Die bestehende Unternehmenskultur hat unmittelbare Auswirkung auf das Gelingen digitaler Transformationsprozesse.
Wer im digitalen Zeitalter erfolgreich agieren will, muss sich mit der eigenen Kultur auseinandersetzen. Unternehmen müssen sich darüber klar werden, welche Denk- und Verhaltensweisen und Werte in ihnen vorherrschen. Welche fördern, welche verhindern die digitale Transformation? Fest steht: Digitale Transformation kann nur gelingen, wenn Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und Unternehmensführung gemeinsam für das gleiche Ziel arbeiten. Das System Unternehmen muss daher an vielen Stellen neu gedacht werden.
Strukturanpassung für mehr Kreativität durch Diversität.
Unternehmen müssen proaktiv, flexibel und insbesondere kreativ reagieren, um zu bestehen. Dies ist ein Grund dafür, dass sie immer stärker auf vernetzte, flexible und bereichsübergreifende Teams setzen, statt in hierarchischen Strukturen zu verharren. Zudem steht die Kundenorientierung verstärkt im Fokus. Auch hier dienen agile Methoden dazu, flexibler, kreativer und schneller zu werden. Was die zukünftigen Anforderungen von Kunden und Markt sein werden und wohin der richtige Weg führt, ist nicht mehr von einzelnen Führungspersonen oder -teams zu beantworten. Die Anforderung an die Führung wird daher zunehmend sein, nach neuen Geschäftsmodellen zu suchen, die ein kollaboratives, interdisziplinäres Arbeiten erlauben, mit Teams, die sich selbst organisieren. Um Innovationskraft und Kreativität zu fördern, spielen dabei neu zu schaffende Wissensnetzwerken eine wesentliche Rolle.
»Ihre neue Aufgabe ist es, das Finden von Antworten zu organisieren «, bekräftigt Christoph Keese in seinem Buch „Silicon Germany“.
Darüber hinaus müssen Unternehmen ihre Mitarbeiter darin unterstützen, sich schnell in diese neuen Strukturen einzufinden und möglichst effizient in temporären Teams zusammen zu arbeiten. Sie müssen also Strukturen und Anreize schaffen, um Mitarbeiter bestmöglich zu vernetzen. Und das ist anspruchsvoll. Geht es doch um die Vernetzung unterschiedlichster Menschen, Generationen, neuer und langjähriger Bestandsmitarbeiter mit verschiedenen Fähigkeiten und Denkweisen. Wie schafft man es also, Menschen so zu vernetzen und zu motivieren, dass sie mit Freude proaktiv auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten?
Mehr Führung statt Management.
Führungskräfte müssen ihre Führungskultur überdenken. Gerade in schnellen und unsicheren Zeiten in denen sich langjährige Mitarbeiter neu sortieren, orientieren und eindenken müssen braucht es umso stärker Führungspersonen, die einen vertrauensvollen und ruhigen Gegenpol bieten. Das heißt: Unaufgeregte, verbindliche, menschennahe und kommunikative Persönlichkeiten. Als Mentor, Unterstützer und zentraler Ansprechpartner für ihre Mitarbeiter bringen sie Ruhe, Orientierung und somit ein gesundes Maß an Sicherheit in volatilen Zeiten. Führungskräfte vermitteln ihren Mitarbeitern eine klare Vision und Strategie, kommunizieren deutlich das Warum und welche Vorteile sich daraus für Unternehmen und Mitarbeiter ergeben. Sie begegnen Mitarbeitern auf Augenhöhe und lassen einen hohen Mitgestaltungsspielraum zu. Sie managen weniger und führen mehr. Sie motivieren ihr Team dazu, gemeinsam neue Wege zu gehen.
Wer etwas verändern will, muss begründen warum.
Um das Vertrauen der Mitarbeiter zu erhalten, müssen Führungskräfte in Vorleistung treten, offen kommunizieren, einschätzbar und vor allem für die Mitarbeiter ansprechbar sein. Dazu gehört vor allen Dingen, ein echtes Interesse an seinen Mitarbeitern und Kollegen zu haben, eine offene und angstfreie Gesprächs- wie auch Kritikkultur im Unternehmen zu etablieren, Wissensweitergabe zu fördern und sich – selbstverständlich – der eigenen Vorbild-Funktion bewusst zu sein und mit bestem Beispiel voranzugehen. Zukünftige Führungskräfte müssen empathisch sein. Die bisherige klassische Führungskultur wird hingegen zunehmend in Frage gestellt, spätestens von der Generation Y, die hierarchische Denk- und Arbeitsweisen nicht mehr unbedingt gewöhnt sind.
Kreativität durch übersummative Intelligenz.
Es müssen neue Rahmenbedingungen, flexible Strukturen und dadurch Wissensnetzwerke und Diskursräume geschaffen werden, in denen Mitarbeiter sich vernetzen können – virtuell wie auch persönlich. Dabei geht es darum, impliziertes Erfahrungswissen weiterzugeben und voneinander zu lernen. Jeder profitiert von dem Wissen des anderen. Wissen wird potenziert. Kreativität entsteht. Zeitgleich wird einem grundlegenden menschlichen Bedürfnis Rechnung getragen: Die Mitarbeiter erfahren Anerkennung als Teil einer Gruppe. Es entsteht Teamgeist.
Voraussetzung dafür ist allerdings eine Atmosphäre der Offenheit und Wertschätzung, um über neue Lösungsmöglichkeiten nachzudenken. Dafür müssen Führungskräfte Vertrauen in die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter haben und zeitgleich die nötigen Spielräume für Gestaltungs- und Lernprozesse ermöglichen. Fehler werden dabei als Lernchance begriffen, damit Wissen und Innovation überhaupt entstehen kann. Vertrauen in die Leistung der Mitarbeiter ist der Schlüssel dazu. Wenn mit Lernen gemeinsame Ziele, Werte und letztlich Freude verbunden werden, entsteht eine Gemeinschaft, die über das „daily business“ hinaus die Herausforderung annimmt, die Zukunft gemeinsam zu gestalten. Und zudem auf dem besten Wege ist, eine lernende Organisation zu werden.