Was ist das mit Loro Piana?

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Wie bei so vielen Dingen im Leben, schwingt das Pendel auch in der Mode immer hin und her: Noch erinnern wir uns gut an den Megatrend der, sagen wir, eher expressiven Styles, mit fetten all-over Logo-Prints von Gucci, Balenciaga oder Louis Vuitton – und schon ist „Stealth Wealth“ angesagt, und das richtige Outfit ist monochrom, klassisch geschnitten und hat vor allem außen keine Logos mehr. Für die nächste Gerichtsverhandlung ist also eher der Look von Gwyneth Paltrow als der von Abou-Chaker angesagt, was entsprechend bei einigen Marken von LVMH und Kering schon zu deutlichen Umsatzrückgängen geführt hat. Bei Loro Piana, oder wie der Kenner sagt, Loro, könnte es dagegen kaum besser laufen; das liegt aber weniger an der Produktqualität, die in der Tat über jeden Zweifel erhaben ist (zumindest soweit wir das als Nichtkunde beurteilen können). Und es liegt auch nicht nur daran, das unmoderne, weil klassisch-zeitlose Marken gerade schwer in Mode sind (was paradox, aber eben Mode ist). Nein, vor allem liegt es daran, dass LVMH Loro Piana perfekt als Uniqlo für Milliardäre positioniert hat; nicht zuletzt durch die Ausstattung der Figur des „Kendall Roy“ aus der Erfolgsserie „Succession“. Dem nicht realen Vorbild nacheifernd, erkennen nun immer mehr High Net Worth Individuals, dass sie auf unaufdringliche Looks und nachhaltige Qualität stehen. Vielleicht, weil sie damit auch soziale Akzeptanz erreichen wollen, sogar Sicherheit in unsicheren Zeiten? Kleiden sich Superreiche unauffällig, damit man ihnen die Milliarden nicht zu sehr neidet? Möchten sie am Ende gar so sein wie wir Normalos? Ist Loro nur ein Spiegel sozialer Veränderungen? Da wären wir zurückhaltend, und zwei Aspekte machen uns nachdenklich: Angesichts der Preise, die Loro Piana aufruft – den Kaschmirpulli gibt’s ab 2000 Euro, und der Vicuna-Parka kostet fast so viel wie ein MINI Cooper – dürfte noch genug Raum für soziale Abgrenzung gegeben sein; eben doch mehr Wealth als Stealth. Und andererseits müssen wir erfahren, dass auch Wladimir Putin ein Riesen-Fan der Marke ist, was unsere Begeisterung irgendwie spontan schmälert. Jedenfalls haben wir noch mal schnell das Konto gecheckt und entschieden, dass Loro irgendwie doch nicht zu uns passt. Und mit Marken wie Gran Sasso oder Crossley gibt’s den Succession-Look auch, made in Italy, nur günstiger! Oder was meinen Sie?

Hier der Link:
https://www.manager-magazin.de/lifestyle/mode-dresscode-reicher-menschen-oder-wie-man-reich-aussieht-a-a8bdeb32-2324-49ac-a6b0-d83361c57e71

12. Januar 2024
Ein Beitrag von:

Alexander Rauch ist Managing Partner von Spirit for Brands, einem auf die Themen Markenpositionierung, Markenstrategie und Markenmanagement spezialisierten Beratungsunternehmen in Köln.

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