Talk is cheap – auch bei Marken.
Liebe Leserin, lieber Leser,
wir hören mal rein ins Management-Meeting bei Congstar im Kölner Rheinauhafen, vor ein paar Tagen:
„Bonn hat angerufen. Sie wollen wissen, was wir gegen rechts machen. So marketingmäßig. Weil das doch jetzt alle machen.“
„Mist. Hätten wir selber draufkommen können … also Vorschläge bitte.“
„Hm … wir hätten ja noch das Logo in Regenbogenfarben.“
„Nein, da muss mehr kommen … ich hab’s: Wir machen eine Kampagne und sagen, wir wollen keine Kunden mehr, die rechts sind. Die können weg! Und das kommunizieren wir breit! Nach dem Motto: Wir verzichten auf den Umsatz, aber dafür können wir morgens noch in den Spiegel schauen! So stark!“
„Super… aber wie soll das gehen? Die rechten Kunden rufen bei uns an und sagen: Hallo, hier ist meine Kundennummer, aber ich bin rechts und demokratiefeindlich und AfD-Wähler, also bitte, ich möchte meinen Vertrag kündigen?“
„Im Prinzip ja. Aber natürlich kein Sonderkündigungsrecht. Das wäre ja unfair den anderen Kunden gegenüber.“
„Ich weiß nicht recht … wo sollen wir die Grenze ziehen? Wenn man statt Böhmermann lieber Lanz guckt, zählt das aber noch nicht, oder?“
„Ist doch egal. Da ruft doch eh keiner an. Keiner wird gekündigt. Das nennt man Mar-ke-ting! Das bringt jede Menge Neukunden!“
So oder so ähnlich dürfte es wohl gelaufen sein, als man bei Congstar allen Gratismut zusammengenommen und der nach unten offenen Peinlichkeitsskala des „Haltungsmarketing“ eine weitere Dimension hinzugefügt hat. Ganz abgesehen davon, wer eigentlich Werbetreibende mit großer Reichweite als Sender von politischen Botschaften legitimiert (wir dachten ja, dass bei der politischen Willensbildung laut Grundgesetz eher die Parteien gefragt sind) – wie soll der (freiwillige) Ausschluss von Kunden die „unsere Vorstellung von einer vielfältigen Gesellschaft nicht teilen“, denn praktisch ablaufen? Eben. Und das zeigt, dass hier nur reichlich plump versucht wird, durch Trittbrettfahren Marke und Umsatz zu stärken. Und wir meinen: Für eine solche Art des Simpel-Marketing sind unsere gesellschaftlichen Herausforderungen vielleicht zu groß und zu ernst. Oder was meinen Sie?
Hier der Link: https://www.watson.de/leben/digital/489907721-congstar-setzt-deutliches-statement-ab-kein-bock-auf-rassist-innen
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