Böser Verdacht – positives Feedback auf LinkedIn doch kein Erfolgsgarant?
Liebe Leserin, lieber Leser,
süßes Knabbergebäck, also: Kekse, stehen nicht ganz oben auf der Liste der angesagtesten Lebensmittel. Aber sie nehmen wie gehabt in jedem Supermarkt eine komplette Regalfläche ein, was man von Haferdrinks nicht behaupten kann. Nur wurden aus diesen Regalflächen zuletzt immer weniger Kekse der Marke „Bahlsen“ genommen; zuletzt war ein Umsatzrückgang von knapp 12 Prozent zu verzeichnen! Dabei sollte doch erst 2021 ein kompletter Packaging-Relaunch den Umsatz wieder ankurbeln. Und dieser Relaunch war nicht ohne: Die Kekspackungen sahen plötzlich komplett anders aus. Ganz wichtig aber: Design-Experten liebten den neuen Auftritt – so frisch, so flat, so zeitgemäß! Eine Expertin, immerhin Geschäftsführerin einer Design-Agentur, ließ verlauten, sie sei „so froh, dass diese immer gleichen Keks-Stillleben“ verschwunden seien, und die neue Packung „nicht so typisch deutsch“ aussehe. Im Gegenteil, die Packung sehe eher aus wie „Dänemark“ (und spätestens da hätten in Hannover eigentlich die Alarmglocken klingeln müssen …).
Und jetzt? Rolle rückwärts, der Auftritt wird nochmal komplett neu gemacht, und wir lesen vom (neuen) CEO: „Der letzte Relaunch war ein mutiges Statement, aber nicht hinreichend konsumentenorientiert.“ Ein bemerkenswerter Satz, denn wir dachten eigentlich, genau darum ginge es im CPG-Geschäft – um Konsumentenorientierung. Aber irgendwie scheint es in der Markenführung aus der Mode gekommen zu sein, sich mal mit dem Kunden zu beschäftigen; ja, man hat fast den Eindruck, man meidet die Kundschaft lieber, und tauscht sich stattdessen untereinander aus. Das geht besonders gut bei LinkedIn, der digitalen warmen Dusche, wo gleichgesinnte „Evangelists“ sich unablässig gegenseitig bestätigen („sooo stark“), wo es immer nur um’s „Why“ geht, wo jede Begegnung total life-changing ist („normalerweise poste ich nichts Privates, aber …“), und: wo die Realität am Keksregal im Penny-Markt nicht stört. Dort wiederum kommen selten Life Coaches vorbei, dafür aber normale Menschen, die ihre Kekse nicht mehr wiederfinden, und auch gerade keine aus Dänemark wollen. Wir meinen deshalb: Raus aus der Bubble, rein in den nächsten Supermarkt. Oder was meinen Sie?
Und hier der Link:
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