The Business of Brand Management
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Unternehmensstrategie „Brand Orientation“.

Günther Misof

Um gut zu funktionieren, muss die Marke Bestandteil der Unternehmensstrategie und nicht nur ein Lippenbekenntnis sein. Dazu sind eine Reihe von Voraussetzungen zu gewährleisten, die eine klare Zielorientierung und eine effektive Organisation der Marke ermöglichen. Unter „Brand Orientation“ wird die Ausrichtung der gesamten Organisation eines Unternehmens an die Anforderungen einer Unternehmensmarke verstanden. Da sich die Marke zum entscheidenden Werttreiber des Unternehmens entwickelt hat, liegt eine derartige Konstruktion auf der Hand.

Die Wurzeln für eine gute Brand Performance liegen in der Unternehmensorganisation. Ihr wichtigster Ausgangspunkt sind die Köpfe der Mitarbeiter, die es als Markenbotschafter in alle Aktivitäten einzubinden gilt. Brand Performance lässt sich nicht delegieren. Nicht an die Abteilung X oder Y. Nicht an Agenturen oder irgendwelche anderen externe Dienstleister. Und auch nicht an IT-Lösungen – sie sind unverzichtbare Instrumente, aber nicht das strategische Ziel.

Brand Performance – Effektivität und Effizienz der Marke und ihrer Prozesse – ist die zentrale Herausforderung an das Brand Management. In dieser Beziehung sind Marketing, Kreativität und alle Buzzwords, die die Branche von morgens bis abends, ob sinnvoll oder nicht, auf Trapp halten, sicher nicht unwichtig. Erfolgsentscheidend sind allerdings andere Themen und Aktivitäten.

Die meisten Unternehmen sind nicht wirklich dazu aufgestellt, um ein effizientes Brand Management und damit Brand Performance sicher zu stellen. Die Mitarbeiter sind nicht befähigt, die hierzu notwendigen Rollen auszuüben. Und die strukturellen Defizite in den Markenorganisationen verhindern aufgrund nicht abgestimmter Zuständigkeiten und Aufgabenbereiche eine effektive, konsistente und insbesondere effiziente Markenimplementierung. Was vor allem damit zusammenhängt, dass die „Verantwortungssilos“ innerhalb der Unternehmensorganisation, die auf historische Entwicklungen zurückgehen und den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht werden, eine übergreifende Markenführung auf Höhe der Zeit nicht zulassen. Wenig verwunderlich ist daher, dass „Managing & Controlling Brand Identity“ seit 2001 unverändert als das große Problem von Markenverantwortlichen angesehen wird.

Die veränderten soziostukturellen und technologischen Rahmenbedingungen machen es heute notwendig, dass die Marken-kommunikation das Markenversprechen bei allen in Frage kommenden Touchpoints einlöst. Und das ggf. weltweit und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das klassische Sender/Empfänger-Modell nicht mehr existiert. Im Zeitalter der Digitalisierung muss ein durchgängig konsistentes Markenerlebnis trotz kontinuierlicher Innovationsnotwendigkeit gewährleistet werden:

1. Organise the Organisation: Define Responsibility, Optimise Processes.

Die historisch gewachsenen Aufgaben in den Bereichen Brand Management und Markenführung haben sich überlebt. Ein Beispiel dafür ist das Marketing, das seine ursprüngliche dominante Rolle verloren hat. Das Markenmanagement ist durch die veränderten Rahmenbedingungen zu einer überaus komplexen Herausforderung geworden, die völlig neue Strukturen mit neuen Rollen, Prozessen und Instrumenten nach sich zieht. Die Forderungen nach einer optimalen Brand Performance machen zudem – wie nie zuvor –Vorgehensweisen notwendig, für die man sich am besten an Management-Veteran Peter F. Drucker orientiert: „Doing the right things – Effectiveness. Doing things right -Efficiency.“ Seine Empfehlung vor über 50 Jahren ist heute aktueller denn je.

2. Orchestrate the Content and Delivery to each Touchpoint.

Auf den ersten Blick wirkt der Begriff „Brand-Driven Communication“ vermutlich überraschend. Marke ist schließlich Kommunikation – Unternehmens-, Finanz-, Marketing- und Produkt-Kommunikation. Was denn sonst? Und dafür gibt es Werbe-/Kommunikationsagenturen, spezielle Agenturen für Content Marketing (was auch immer sich dahinter verbergen mag), Online-Agenturen, PR-Agenturen etc. pp. Unter Brand-Driven Communication verstehen man eine besondere Form der Kommunikation, die grundsätzlich – unabhängig von unterschiedlichen Abteilungsinteressen – entsprechend der Markenstrategie und dem Markenversprechen agiert, dementsprechend orchestriert wird und Content global von zentraler Stelle aus für alle in Frage kommenden Touchpoints verfügbar macht. Eine solche Kommunikationsstrategie und die damit verbundene Verantwortung lässt sich – wie es in der Vergangenheit üblich war – nicht delegieren. Vielmehr bedarf es einer internen Organisationsstruktur, die für diese Aufgabe befähigt ist.

3. Drive Innovation and Secure Consistent Brand Experience.

Das hätte sich Mats Urde, der Vater des Modells „Brand Orientation“ 1994 ganz sicher nicht träumen lassen: Durch die zunehmende Digitalisierung wurde die Rolle der Kunden komplett auf den Kopf gestellt. Innovation ist zu einem entscheidenden Werttreiber geworden. So gesehen, wird Innovation zu einer integrativen Disziplin. Und die Marke übernimmt eine zwischen Innovation, Design und Kommunikation verbindende und steuernde Funktion nach den Mottos „Brand can drive innovation“, „Innovation has to fulfil the brand promise“, „Design Thinking helps brands to generate meaningful innovations“ oder „Design has to orchestrate touch points“. Leicht gesagt, aber wie umsetzen? Dem Brand Management ist jedenfalls auch unter diesem Aspekt eine neue Rolle zugefallen, die es zu organisieren gilt.

Ein Beitrag von:
8. Januar 2021

Über den Autor:

Günther Misof ist "Founder" von THE BUSINESS OF BRAND MANAGEMENT. Er verfügt über mehr als vierzig Jahre Erfahrung in Markenführung/Brand Management als Gründer, Geschäftsführender Gesellschafter, Partner und Managing Director von mehreren Beratungsunternehmen in Frankfurt am Main und New York.