Unsere Marke ist unser wertvollstes Gut. Sie zu pflegen und weiterzuentwickeln, ist für uns eine Investition in eine erfolgreiche Zukunft.
Günther Misof:
Bernd, ich kenne und schätze dich seit ganz vielen Jahre. Insbesondere Deine Aktivitäten bei Kärcher, für die du viele Male sowohl unter Marketing- als auch Markengesichtspunkten ausgezeichnet wurdest, verfolge ich von Anfang an. Du bist Executive VP Corporate Marketing & Brand Management, was mich zu der Frage führt, welchen Stellenwert, welche Position die Marke im Unternehmen hat …
Bernd Rützler:
Unsere Marke ist unser wertvollstes Gut. Sie zu pflegen und weiterzuentwickeln, ist für uns eine Investition in eine erfolgreiche Zukunft. Viele meinen, wenn man als Synonym für Hochdruckreinigung gilt, hat man es geschafft. Aber wir wollten mehr sein als nur das, und so haben wir vor einigen Jahren einen Markenwandel eingeleitet. An deren Anfang stand eine neue Ausrichtung: Wir sind der Reinigungsexperte! Und wollen für Reinigung und Werterhalt stehen.
Dabei gilt es stets, im Rahmen von intensiver Marktforschung viele verschiedene Kundenbrillen aufzusetzen – von klassischen Endkunden bis hin zu hochtechnischen B2B-Anwendern. Unser Produkt-Portfolio haben wir in den letzten Jahren deutlich ausgebaut. Der Hochdruckreiniger ist zwar immer noch unser „Markenzeichen“, doch bringen uns unsere Kunden zunehmend auch mit anderen Produkten in Zusammenhang: zum Beispiel unsere Fenstersauger oder Bodenreiniger. Ganz entscheidend für den Erfolg unserer Markenstrategie war aber noch ein weiterer Punkt: die Fokussierung auf den Kunden – den Kunden in den Mittelpunkt des Denkens und Handelns bei Kärcher zu stellen. Das greifen wir auch stets in unseren Marketingaktivitäten auf.
Günther Misof:
… und, wie du die Marke mit deinem Team organisierst.
Bernd Rützler:
Wir sind eine gute Mannschaft, sowohl hier im HQ in Deutschland als auch in den mehr als 70 Gesellschaften weltweit, jeder bringt sich voll ein – darauf bin ich sehr stolz! Für uns alle ist es nach wie vor von größter Wichtigkeit, die – zugegebenermaßen nochmals beschleunigte – Digitalisierung in den Marketing-Prozessen, -Strukturen und Kommunikationsmaßnahmen weiter zu verankern.
Günther Misof:
Wie gehst du mit dem Thema Purpose um? Erfreulich, dass Kärcher mit zu den Gewinnern der Studie „Purpose Readiness Indes 2021“ von Globeone; Köln, gehört. Obwohl mich ein von Globeone propagierte „Purpose-Konzept“ offen gestanden schon irritiert. Deine Einstellung zum Thema, insbesondere die Frage, wie ihr mit den Schwerpunkten Nachhaltigkeit und Haltung umgeht, würden mich sehr interessieren. Auch vor dem Hintergrund, dass nahezu jeden Tag neue Purpose-Definitionen erfunden werden und oftmals am Verstand der Beraterbranche zweifeln lassen.
Bernd Rützler:
Natürlich beschäftigen wir uns mit dem Thema Purpose, das unseres Erachtens geschäftsrelevant und mit wichtigen KPIs verbunden ist. Außerdem geht es dabei für uns um die emotionale Verbindung zwischen dem Unternehmen und seinen Angestellten. Marke spielt hier insgesamt eine essenzielle Rolle. Nachhaltigkeit ist wesentlicher Teil der Unternehmens-DNA , die von den 13.500 Mitarbeitern weltweit in vielen Facetten gelebt wird. Kärcher verfolgt von der Produktentwicklung über die Produktion bis hin zur Logistik ambitionierte Nachhaltigkeitsziele wie die CO2-Neutralität aller Werke weltweit noch in diesem Jahr. Natürlich spielt das in all unseren (Kommunikations-)Kanälen eine wichtige Rolle, die künftig – der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung folgend – noch zunehmen wird.
Günther Misof:
Mir geht es mit tbobm.com darum, Einblicke und Hintergrundinformationen zu geben. Wobei ich davon ausgehe, dass die Marke kein Marketinginstrument, sondern Grundlage jegliche Marketingaktivitäten ist. Ich muss daher nachhaken: Wenn Nachhaltigkeit ein wesentlicher Teil der Unternehmens-DNA und mit KPIs verbunden ist, war sie vermutlich bereits im Unternehmenszweck verankert. Oder hat erst die gesellschaftliche Entwicklung, der Klimawandel, die Umweltdiskussion dazu sensibilisiert, zur Weiterentwicklung veranlasst?
Bernd Rützler:
Unser Weg der Nachhaltigkeit ist seit Jahrzehnten strategisch verankert. Bereits 1996 hatten wir ein systematisches CSR-Management mit einem jährlichen Umweltprogramm und der Zertifizierung unseres Unternehmens nach ISO 14001. 2001 wurde die Nachhaltigkeit in zwei von 12 Elementen im Unternehmensleitbild festgeschrieben und 2010 war dann Nachhaltigkeit einer von 17 Initiativen in unserer 10-Jahres-Strategie. 2014 haben wir unser Sustainability Excellence Programm aufgesetzt mit 14 langfristigen Zielen bis 2020 und jetzt, vergangenes Jahr, haben wir unsere Nachhaltigkeitsinitiativen bis 2025 definiert. Ein kurzes Beispiel zur Verankerung im Unternehmen: Jährlich wird ein Umweltprogramm aufgesetzt, in das alle Bereiche, Abteilungen, Auslandsgesellschaften, Werke detailliert und konkret Maßnahmen melden, die vom Vorstand genehmigt und nachverfolgt werden.
Günther Misof:
Zu einer Marke gehören auch Werte wie „ehrlich“, „authentisch“, „verantwortungsvoll“ (wozu meines Erachtens Nachhaltigkeit gehört) – Haltung. Wie geht Kärcher damit grundsätzlich um? Welcher Stellenwert wird den Markenwerten generell eingeräumt?
Bernd Rützler:
Die Markenwerte sind klar vom Vorstand im Unternehmen kommuniziert – und werden auch sehr gut nachvollzogen, was zeigt, dass hier nichts konstruiert ist, sondern der DNA des Unternehmens entstammt. Wir fragen diese Themen, neben zahlreichen anderen, auch in regelmäßigen Befragungen – intern und extern – ab und erhalten immer sehr gutes Feedback. So sagen 90 % der Mitarbeiter weltweit: “Mein Unternehmen zeigt Verantwortung für die Umwelt.”
Günther Misof:
Wie du sagst, spielt die Marke in der Verbindung zu euren weltweit 13.500 Mitarbeitern und Mitabeiterinnen eine essentielle Rolle. Wie macht ihr das? Welche Aktivitäten sind dazu notwendig? Mit welchem Aufwand ist das verbunden? Und wie wird Nachhaltigkeit dann neben den anderen Markenwerten von der Belegschaft gelebt?
Bernd Rützler:
Ein aktuelles Beispiel zum Mitarbeiterengagement ist sicherlich die Findung unserer Nachhaltigkeitsinitiativen 2025. Der Prozess beruht hier auf drei Säulen: Zum einen haben wir uns an den Sustainable Development Goals der UN orientiert, zum zweiten haben wir eine große Stakeholder Umfrage in Frankreich, Deutschland, Brasilien, USA und Japan durchgeführt, um von außen unsere Nachhaltigkeitsleistung bewerten zu lassen, um relevante Nachhaltigkeitsthemen von der Außensicht identifizieren zu lassen und auch das Bewusstsein für unsere Nachhaltigkeitskommunikation zu schärfen. Die dritte Säule waren Mitarbeiter-Workshops in Deutschland, Brasilien und China: Mehr als 130 Mitarbeiter haben an diesen Veranstaltungen teilgenommen. Hier wurden sechs Haupthandlungsfelder im Hinblick auf Nachhaltigkeit diskutiert, über 400 Ideen generiert und teilweise ausgearbeitet. So sind wir dann zu unseren Hauptinitiativen Zero Emissions, Reduce, Reuse, Recycle und Social Hero gelangt.
Günther Misof:
Auch auf die Organisation der Marke muss ich zurückkommen. Wie konkret sieht die Organisation (Strukturen, Prozesse, Kommunikation) – insbesondere unter Berücksichtigung der 70 Gesellschaften aus? Wie managt ihr das? Und welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung?
Bernd Rützler:
Das spielen wir die ganze Klaviatur: Regelmäßige virtuelle und Präsenzmeetings mit der weltweiten Kärcher Marketing Community – alle zusammen, oder nur die großen Märkte, oder mit den Verantwortlichen der Regionen, in denen die mittleren und kleinen Märkte organisiert sind. Je nachdem ist das Themenspektrum dann auch ausgelegt. Selbstverständlich spielt Digitalisierung eine bedeutende Rolle; vom Prozess- über das Assetmanagement bis hin zum Monitoring.
Günther Misof:
Vielen Dank für die Einblicke, Bernd.