„Ich bin der Chef, deshalb gilt, was ich sage“.
Stolpersteine der Marke Deutschland.
Der hochinteressante Beitrag „Politische Polarisierung, Kommunikation und Regelbefolgung“ von Matthias Sutter in der FAZ vom 21.12.24 hat mich zu der Fragestellung inspiriert.
Zusätzlich wurde ich durch die Kommunikation auf Kindergarten-Niveau nach dem Aus der deutschen Ampelkoalition, vom erbärmlichen Stil, dem offenbar verlorengegangenen Anstand, den unsere Politiker mit „Wahlkampf“ rechtfertigen, animiert, der Frage nachzugehen.
Natürlich sollte prinzipiell auch ein Staat, ein Land eine Marke sein können. Die auf einem Fundament klarer Werte aufbaut, eine Vision hat, Orientierung gibt, Sicherheit gewährleistet, Vertrauen vermittelt, Haltung zeigt, durch ihr Handeln die Wirtschaftskraft erhöht, der Gesellschaft / Gemeinschaft Wohlstand ermöglicht und sie mit Stolz erfüllt.
Die vielen Brandherde auf der ganzen Welt, nicht nur bei uns, zeigen allerdings, dass es für eine Staatsmarke mehr als Wünschen und Glauben, mehr als Ideologien bedarf. Dass es nicht funktioniert, wenn – politisch bedingt – permanent der Markenkern gewechselt wird.
Eine Marke benötigt ein Ziel, einen Plan, eine langfristige Strategie. Keine Taktik ohne Strategie - eine Binsenweisheit. Die besten Werte helfen nicht, wenn sie nur beschworen und nicht gelebt werden. Ohne eine Strategie über mehr als eine Legislaturperiode entsteht kein Vertrauen in eine Marke. Ausschließlich Beschwörungsformeln und Worthülsen, fehlende Haltung, wirken weder nach innen noch nach außen, führen ausnahmslos zu Chaos.
Ein erneuter Blick in die FAZ (03.01.25) und den Beitrag „Die Ingenieure des Wahlkampfes“ reicht aus, um zu erkennen, warum es nicht funktionieren kann. Heißt es doch dort zum Thema „einheitliches Markenbild“, dass sich die Wahlkämpfer auf der Internetseite der Partei über das Erscheinungsbild informieren können und für politische Kommunikation von - offensichtlich „politischen“ - Persönlichkeiten mit krachenden Themen die Augen der Nutzer auf sich ziehen müssen. Die Aussage spricht für sich. Markenführung geht anders.
Markenführung bedarf zuvorderst einen Chef, einer Persönlichkeit, die zugleich oberster Markenbotschafter ist. Wenn dieser das Thema nicht vorlebt, sind sonstige Markenbotschafter unglaubwürdig und das gesamte Vorhaben ohne Wert.
„Ich bin der Chef, deshalb gilt, was ich sage“, eine Attitüde, die in diesem Zusammenhang, noch dazu bei fehlender Strategie und Expertise, nur mit Streit, Uneinigkeit, Eitelkeit, Orientierungslosigkeit, mehr als kontraproduktiv ist. Kompetenz ist unabdingbar. „Nö“ als Antwort auf die Bitte zu kommunizieren, beweist weder Kompetenz noch Charakter. Auch eine „Idee“ (zum Beispiel zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung) ohne jeden Plan, wie man sie umsetzen könnte, ist aus Markensicht wenig zielführend. Und mehr als albern ist, dass der Noch-Wirtschaftsminister (OK, es ist Wahlkampf) nun mit hochgekrempelten Hemdsärmeln aufritt und glaubt, ähnlich stillos übrigens wie neuerdings Vorstandsvorsitzende, die in Trainingsanzug und Sneakern auftreten, Pluspunkte sammeln zu können. Charisma ist etwas anderes.
Fazit
Mit Ideologien sammelt man Menschen ein, führen kann man ein Land, eine Marke, allerdings damit nicht. Es geht nicht um Wünsche. Wünschen kann man sich etwas zum Geburtstag oder zu Weihnachten. Es bedarf vielmehr einen ganzheitlichen Plan, der klar aufzeigt, wie die gesetzten Ziele erreicht werden. Es braucht ökonomisches Denken (Wirtschaft, Aufwendungen und Erträge, um den Unterhalt der Menschen zu sichern). Denn bekanntlich kann man ja nur ausgeben, was man vorher eingenommen hat. Orientierung an der Philosophie des „Ehrbaren Kaufmanns“ (Haltung, Rückgrat, Ethik, Demut, ... , aber auch Bewusstsein gegenüber der Gesellschaft) würde der Politik gut tun. Die Auffassung von Patrick Bernau (FAZ, 09.02.2025, „Regieren wie ein Manager“), dass sich „Gewinnstreben“ (Unternehmen) von „Gemeinwohl“ (Politik / Staat) unterscheidet und man Management-Fähigkeiten von Politikern nicht verlangen kann, teile ich daher nicht.
Aber nicht außer Acht lassen kann man Aussagen wie:
„Die Geschichte liegt in Ihren Händen. Die Macht liegt in Ihren Händen. Die Idee von Amerika liegt in Ihren Händen.“ Joe Biden (im Brief vom 15.01.2025 an die US-Bürger)
„In jeder großen Organisation ist es sehr viel sicherer, zusammen mit der Mehrheit falsch zu liegen, als als Einzelner Recht zu haben.“ John K. Galbraith
„Die gnadenlosen Stimmen der Masse kennen nur Launen. Sie schreien heute „Hosianna“ ohne Sinn und Verstand, und sie rufen ohne Hemmungen am nächsten Tage „kreuzige ihn“. Der Einzelne verliert in der untertänigen Vielfalt seine Verantwortlichkeit, ...“ Hans Domizlaff
„Es braucht 20 Jahre, um Reputation aufzubauen, aber nur fünf Minuten um sie zu zerstören.“ Warren Buffet
Andererseits sehnt sich die Gesellschaft in einer Zeit, in der Realität unübersichtlich und Lösungen komplex sind, nach dem Einfachen, nach dem unausweichlich Guten, dem Vorbestimmten. Vielleicht nach der "Red String Theory" aus der ostasiatischen Mythologie, einem beliebten Motiv der Literatur, vergleichbar mit Seelenverwandschaft / Beziehung (siehe auch Taylor Swift "Invisible String").
Es ist auf politischer Bühne also nicht so ganz einfach mit der Marke Deutschland.
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