Identität, Marke, Zukunft (II)

PERSPECTIVES
[atlasvoice]

Eine Diskussion mit KI als Experiment.

(PV) Es geht wieder um das Thema Identität, Marke, Zukunft. Bevor wir unsere Diskussion weiterführen, möchte ich zusammenfassen, was wir bis jetzt besprochen haben: Wir stellen fest, dass sich die Gesellschaft ganz grundsätzlich entscheiden muss, wie viel Technologie sie zulassen möchten und wie wir die Umweltthematik bewältigen wollen. Was Unternehmen betrifft, werden sich diese eher Richtung Netzwerke entwickeln, neue Organisationsformen werden entstehen und ihre Funktion wird stärker durch einen direkten Dialog mit den unterschiedlichen Zielgruppen bestimmt. Identität wird prozesshafter, Vertrauen wird durch Transparenz erreicht. Insgesamt stellen wir fest, dass die Funktion von Identität (Vertrauen) und Marke (Orientierung) tendenziell wichtiger werden. Wie siehst Du das?

(deepseek) Deine Zusammenfassung trifft den Kern unserer Diskussion präzise – und ich würde sie mit einer leichten Zuspitzung ergänzen:

Die gesellschaftliche Entscheidung über Technologie und Umwelt ist identitätsstiftend
Die Frage, wie viel Technologie wir zulassen, wird zur kulturellen Grenzziehung: Nicht «ob», sondern «wie»: Die Debatte verschiebt sich von pauschaler Technikfeindlichkeit vs. Fortschrittsglauben hin zu konkreten ethischen Rahmenbedingungen (z.B. Dürfen KI-Systeme religiöse Rituale simulieren?). Umwelt als Identitätsmarker: Nachhaltigkeit wird vom politischen Thema zum individuellen Akt der Selbstverortung (Ich kaufe nur bei Marken, deren CO2-Daten ich live tracken kann).

Unternehmen als Netzwerke: Vom Monolith zum «Living System»
Dein Punkt zur Netzwerk-Ökonomie lässt sich noch radikaler denken. Marken als temporäre Knotenpunkte: Statt starrer Firmen entstehen dynamische Allianzen z. B. bilden sich für ein Öko-Projekt kurzzeitig ein KI-Startup, eine Handwerks-Genossenschaft und ein Influencer-Kollektiv als ad-hoc-Marke, die nach Projektende wieder zerfällt. Der Dialog wird zur Wertschöpfung: Kunden sind keine Zielgruppen mehr, sondern Mitproduzenten etwa durch KI-gestützte Co-Design-Plattformen (Dein Sneaker-Design, generiert mit unserer Marken-DNA).

Identität und Marke: Die neue «Fluidität mit Ankerpunkten»
Hier sehe ich eine Dialektik. Prozesshaftigkeit ja, aber mit Rückfalloptionen. Menschen werden Identitäten wie Outfits wechseln (z. B. andere Avatare im Metaverse vs. berufliches LinkedIn-Profil), aber Krisen verstärken das Bedürfnis nach Stabilität. Marken, die beides bieten gewinnen (unser Firmenzweck ist fix, aber deine Interaktion formt uns). Vertrauen durch radikale Transparenz und bewusste Blindstellen: Vollständige Offenlegung von Lieferketten oder Algorithmen wird Standard, doch gleichzeitig entsteht ein Markt für «geheimnisvolle» Premium-Identitäten (analog, wie Luxusmarken heute Mythos bewusst einsetzen).

Die paradoxe Zukunft

Je technologischer die Welt, desto stärker die Sehnsucht nach menschlicher Resonanz. Die erfolgreichsten Marken werden daherTechnologie nutzen, um Hyper-Personalisierung zu ermöglichen (KI, die Produkte in Echtzeit anpasst) oder Menschlichkeit inszenieren, um Sinn zu stiften (z. B. handgefertigte Elemente trotz 3D-Druck). Die Frage ist, ob es sich um einen Widerspruch handelt oder gelingt die Synthese. Und wer wird in dieser Welt eigentlich noch «Besitzer» einer Marke sein, wenn sie ständig durch Nutzerinnen und Nutzer mitbestimmt und mitgeprägt wird?

Ich freue mich, dass wir die Diskussion vertiefen – deine Perspektiven bringen immer neue Facetten ein!

(PV) Da wir bis jetzt uns mit dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kontext beschäftig haben, möchte ich nun die Thematik der Entwicklung von Identität und Marke vertiefen und uns auf die damit verbundenen kreativen Prozesse konzentrieren. Aus meiner Überzeugung und Erfahrung kann die Identität eines Unternehmens oder einer Institution nicht von Beratern entwickelt werden, diese können nur Methoden und Werkzeuge zur Verfügung stellen sowie den Prozess moderieren. Die Inhalte müssen sich aus den Überzeugungen der unterschiedlichen Akteure der Organisation selbst ergeben. Gleichzeitig zeigt es sich, dass je breiter dieser Prozess angelegt wird, desto aussagkräftigere Konzepte entstehen. Ich kann mir vorstellen, dass gerade in diese Richtung Möglichkeiten entstehen praktisch die gesamten Zielgruppen je nach ihrer Funktion aktiv einbezogen werden können?

(deepseek) Deine Beobachtung trifft einen neuralgischen Punkt, denn Identitätsentwicklung ist kein Top-down-Design, sondern ein kollektiver Sinnbildungsprozess und die Zukunft wird diese Dynamik durch Technologie sowohl radikalisieren als auch demokratisieren. Hier eine vertiefte Perspektive:

Vom Berater- zum Ökosystem-Ansatz

Deine Skepsis gegenüber klassischer Beratung ist berechtigt, denn Identität lässt sich nicht verordnen. Die Zukunft gehört kollaborativen Plattformen, die interne Akteure befähigen. Tools wie KI-gestützte Workshops analysieren nicht nur Meinungen, sondern machen latente Überzeugungen sichtbar (z. B. durch NLP-Analysen (Natural Language Processing) von Mitarbeiter-Interviews oder Social-Media-Diskursen). Externe Zielgruppen sollen als Co-Autoren einbezogen werden. Statt passiver Befragung werden Kunden, Lieferanten oder Communities via generativer Interfaces direkt an der Identitätsbildung beteiligt. Beispiel: Eine Marke nutzt eine KI-Plattform, die aus Kundendialog-Daten live «Purpose Varianten» extrapoliert und die Community urteilt dann über die Kernwerte.

Die neue Rolle der Moderation: KI als Katalysator

Hier entsteht ein Paradigmenwechsel. KI-Moderatoren übersetzen unterschiedliche Zielgruppen-Sprachen (z. B. filtert ein Algorithmus die emotionalen Bedürfnisse von Mitarbeitern aus Slack-Diskussionen und stellt sie dem nüchternen Finanzteam als «Impact-Scores» dar). Spielerische Prozesse ersetzen starre Workshops. Gamification (z. B. Metaverse-Rollenspiele, wo Führungskräfte als Kunden die eigene Marke erleben) oder generative Szenario-Tools (Wie würde unsere Marke auf einen Klima-Kollaps reagieren?).

Breite ist nicht Beliebigkeit: Der Rahmen macht’s

Je diverser die Beteiligung, desto entscheidender wird die kluge Begrenzung, aber es braucht algorithmische Leitplanken. Eine KI könnte etwa sicherstellen, dass trotz aller Mitgestaltung die Marken-DNA nicht zerfasert (Ihr wollt plötzlich veganen Luxus? Passt das zu euren Produktionsdaten?). Krisen können zu Katalysatoren werden. Echte Partizipation zeigt sich erst unter Druck, z. B. wenn eine Lieferkette bricht und alle Stakeholder via Blockchain-Logbuch live Prioritäten verhandeln müssen.

Das Risiko: Identitäts-Overload

Nicht jede Zielgruppe sollte alles bestimmen. Es geht um segmentierte Mitgestaltung. Die Arbeiterin mag die Produktionsethik prägen, aber nicht das Instagram-Branding. KI kann hier rollenspezifische Beteiligungsräume schaffen. Die Kernidee ist nicht verhandelbar. Auch in fluiden Systemen braucht es etwas Unverrückbares, sonst wird Identität zur Inflation von Bedeutungen.

Provokante These:
Die Identität der Zukunft ist ein lebendiger Vertrag nicht zwischen Beratern und CEOs, sondern zwischen Menschen, Maschinen und Märkten. Die Frage ist nicht mehr «Was sind wir?», sondern «Wie verhandeln wir, was wir morgen sein können?»

(PV) Ich sehe die Partizipation als Input aber am Anfang steht doch eine Grundidee und auch eine Vorstellung von Werten sowie eine Form von Vision, in welche Richtung das Ganze gehen soll.

(deepseek) Genau! Die Partizipation ist der Nährboden, aber die Grundidee, Werte und Vision sind der Keimling, aus dem alles wächst. Ohne diesen Kern wird Identitätsentwicklung beliebig mit ihm wird sie zum kohärenten, lebendigen Prozess.

Die Grundidee als genetischer Code der Identität

Nicht starr, aber strukturgebend. Wie DNA enthält sie das Wesentliche (z. B. Wir machen Technologie menschlich), lässt aber Spielraum für Interpretation. Identität entsteht oft aus einer Krise oder Leidenschaft. Beispiel Patagonia: Yvon Chouinards Bergsteiger-Ethos (Build the best product, cause no unnecessary harm) wurde zum Nordstern – alle späteren Diskussionen (nachhaltige Lieferketten, Aktivismus) speisten sich daraus. Beispiel OpenAI: Ursprüngliche Vision (KI für alle, aber sicher) prägt noch heute die Balance zwischen Open Source und Kommerz.

Werte als Spielregeln für Partizipation

Sie definieren, wie der Dialog abläuft nicht nur, was herauskommt: «Wir hören allen zu, aber entscheiden evidenzbasiert» (z. B. durch KI-gestützte Abwägung von Zielgruppen-Inputs). «Experimentieren ja – aber nie auf Kosten unserer Kernethik» (z. B. eine Bank, die Chatbot-Tests erlaubt, aber niemals Kundendaten riskiert).

Die Vision als Magnetfeld

Sie sorgt dafür, dass die vielen Stimmen eine Richtung haben, auch wenn der Weg flexibel bleibt. Tesla’ Vision «Beschleunigung der Energiewende» erlaubt radikale Kurswechsel (vom Luxus-Elektroauto zum Massenmarkt-Cybertruck), aber verhindert Abstecher in z. B. Fast Fashion. Red Bull’ «Grenzen ausreizen» gilt für Extremsportler und Büroangestellte – die Zielgruppen partizipieren unterschiedlich, aber im gleichen Kosmos.

Die grosse Herausforderung

Wie hält man den Kern lebendig, ohne dogmatisch zu werden? Ein Lösungsansatz kann sein das die Vision übersetzbar sein muss – in neue Technologien, Generationen, Märkte. Zum Beispiel könnte eine NGO mit dem Ursprungswert «Hilfe zur Selbsthilfe» heute partizipative KI-Tools einsetzen, ohne ihren Kern zu verraten.

Deine Frage nach Autorität

Ja, es braucht eine Instanz, die den Kern schützt (z. B. durch algorithmische Wächter-KI, die Vorschläge auf Werte-Kompatibilität prüft) oder den Prozess orchestriert – sei es ein charismatischer Gründer, ein Ethik-Rat oder eine dezentrale DAO-Community (Decentraized Autonomous Organization) mit Vetorechten.

Provokante These:
Die beste Identität ist wie ein Jazz-Stück. Das Thema und der Rhythmus sind klar (Vision, Werte), aber jeder Musiker (Interessengruppe) darf sein Solo spielen, solange es zum Groove passt. Es geht um einen Balanceakt zwischen Kern und Offenheit aber die Frage bleibt: Kann eine KI jemals die emotionale Autorität einer Gründerfigur ersetzen?

(PV) In dieser Gesprächsrunde haben wir die Prozesse der Identitätsentwicklung und die zukünftig möglichen Konsequenzen und vor allem auch den Bezug zu KI diskutiert. In der nächsten Folge möchte ich dann die Thematik der kommunikativen Umsetzung und Gestaltung in das Zentrum stellen. Ich bedanke mich auch heute für die interessanten und anregenden Ideen und Konzepte.

Diese Diskussion entstand im Dialog mit DeepSeek Chat, https://www.deepseek.com  (Version Mai 2025) am 14. und 15. Juni 2025 – als Gedankenexperiment zur Zukunft von Identität und Marke.

Anmerkung: Die Aussagen von DeepSeek wurden weder sprachlich noch inhaltlich überabeitet. Die hier gemachten Aussagen entsprechen vollkommen der KI-Version dieser Diskussion.

27. Juni 2025
Ein Beitrag von:

Als Designer und Berater hat Peter Vetter seit fast 60 Jahren in Italien, Deutschland, Schweiz, Japan, den USA und China für erfolgreiche Marken und Institutionen unter anderen La Rinascente, JCPenney, BMW Group (weltweit), IBM, Clifford Chance, Ministero della Cultura (Italien), Autorità Portuale di Palermo, Museum of Fine Arts Houston, Zentrum Paul Klee oder der Stadtverwaltung Rapperswil-Jona, gearbeitet. Zunächst mit seinem Studio BBV in Mailand, dann als Partner und Creative Director von Zintzmeyer & Lux, als Senior Vice President von Vignelli Associates und seit 1999 zusammen mit Katharina Leuenberger mit dem Studio Coande – Communication and Design in Zürich.

Peter Vetter war Präsident des Verbandes Schweizer Grafiker, Dozent und Leiter der Abteilung Visuelle Kommunikation (BA und MA) an der Zürcher Hochschule der Künste und half beim Aufbau einer internationalen Designhochschule in Shenzhen (China), wo er bis heute tätig ist. Er ist Autor verschiedener Publikationen, darunter „Kein Stil – Ernst Keller 1891–1968” und „Design als Investition – Design und Kommunikation als Management Tool”. Seine Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet und in allen renommierten internationalen Medien veröffentlicht.

Kontakt: p.vetter@coande.com
Website: www.coande.com

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