Wenn das Lachen einem im Bahnhof steckenbleibt

Anke Engelke ist eine sehr gute Schauspielerin, sie kann ganz unterschiedliche Rollen spielen, und: Anke Engelke ist witzig. Deshalb ist sie perfekt für die Rolle der „Tina“, einer ebenso sympathischen wie entnervten Zugbegleiterin bei der Bahn, die sich mit ihrem Team durch die Abgründe des maximal dysfunktionalen Staatsunternehmens kämpft. Und die Mini-Serie „Boah, Bahn“ ist, keine Frage, durchaus sehenswert, jedenfalls wenn man mit „Mockumentaries“ was anfangen kann.

Es gibt nur ein Problem bei der Sache: Boah, Bahn ist die neue Marketingkampagne der Bahn selbst. Mit anderen Worten: Die Bahn hat ernsthaft dafür bezahlt, in dieser Serie als totales Schrottunternehmen dargestellt zu werden, mit letzter Kraft betrieben von netten, aber einfältigen Mitarbeitenden. Und, ja, natürlich: Wir verstehen schon die Selbstironie, die Authentizität, die Ehrlichkeit. Wir verstehen den Ansatz, die frustrierten Kunden mit Anke Engelke wieder auf die eigene Seite zu ziehen, nach dem Motto: Die Bahn, das sind wir alle. Nur leider funktioniert das nicht. Denn wer regelmäßig unter dem Bahnchaos leidet, will nicht auch noch (mehr oder weniger subtil) manipuliert werden. Wer für ein derart schlechtes Produkt viel Geld bezahlt, will nicht mit Augenzwinkern aufgefordert werden, wiederzukommen und wieder viel Geld zu bezahlen, wenn er schon weiß: Ich hab eh keine Alternative.

Vor der Produktion dieser Serie hätte jemand bei der Bahn wohl einmal die Frage stellen sollen: Welches Problem lösen wir hier eigentlich? Und dann hätte sich vielleicht jemand getraut, zu fragen: Warum war eigentlich bei „Stromberg“ die Versicherung die fiktive „Capitol“, warum bei „Die Discounter“ der Supermarkt „Kolinski“? Und was könnten wir mit der Kohle stattdessen machen, um das Markenerlebnis Bahn ein bisschen, nur ein bisschen besser zu machen?

Oder was meinen Sie?