Markenaktivismus zum Tag der Arbeit: Äh …, nein.
Liebe Leserin, lieber Leser,
natürlich wissen wir nicht, wie Sie den Tag der Arbeit verbracht haben. Immerhin 300.000 Menschen waren jedenfalls bei den gewerkschaftlich organisierten Mai-Kundgebungen. Bekannte Marken waren aber nicht da, mal vom DGB als Marke abgesehen. Wieso eigentlich? Schließlich gab es in den letzten Jahren kaum einen Feiertag, und kaum ein gesellschaftliches Anliegen, dass nicht von Marken erst so richtig mit Sinn gefüllt wurde. Gegen Rassismus, gegen Sexismus, für LGBTQ+, gegen den Klimawandel, gegen rechts – für diese Themen braucht es natürlich Markenaktivismus, sonst dringen sie nicht durch! Klar, the revolution goes better with Diet Pepsi. Wie wäre es also mal mit „Uber gegen ausbeuterische Arbeitsverhältnisse“, oder „Rewe für faire Lebensmittelpreise“, oder so? Nun, irgendwie scheinen sich Marken für die Anliegen der Gewerkschaften nicht so richtig erwärmen zu können. Eine erste Vermutung: Weder Markenverantwortliche in Unternehmen noch Kreative in Werbeagenturen haben auch nur eine vage Vorstellung von Blue-Collar-Arbeit in der Produktion, auf der Baustelle, auf der Straße. Und haben entsprechend null Problem damit, im gemütlichen Home-Office und kuscheligen Patagonia-Hoodie jeden Tag sehr ernsthaft die Welt zu retten – und dem Typ von Lieferando kein Trinkgeld zu geben, bevor man ihm die Tür der Altbauwohnung vor der Nase zuknallt. Zweite Vermutung: Markenaktivismus kommt einfach besser, wenn man immer schön unverbindlich bleiben kann. Vielleicht sollten wir Markenmenschen den Aktivismus lieber wieder der Zivilgesellschaft überlassen…
Oder was meinen Sie?