Schöne neue Welt in Trümmern
Ernüchterung macht sich breit. Die Heilsbringer von gestern erweisen sich als die Totengräber der Freiheit von morgen.
Amazon, Google, Facebook, die Pioniere einer Welt ohne Grenzen, einer Welt des „what´s in for me“, einer Welt der Selbstdarstellung und Selbsttäuschung sorgen immer wieder für Schlagzeilen, die nichts Gutes ahnen lassen. Jungfräulichkeit und Unschuld schwinden schneller als wir das jemals zu träumen wagten. Die Marken, die gestern noch Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit verkörperten, demaskieren sich als kaltblütige Geschäftemacher, die ihre Werte – die wir ihnen nur allzu gerne andichteten – mit Füßen treten. Big Brother is watching you in neuem Gewand.
Unternehmenskultur, Mitarbeiterorientierung und Corporate Social Responsibility haben scheinbar ausgedient. Der empörte Kunde scheint machtlos, weil Gewohnheit und Gleichgültigkeit ihn in den Fängen der Bequemlichkeit fesseln. Frank Schirrmachers Monstertheorie vom Homo oeconomicus trifft ins Herz einer immer herzloseren Gesellschaft. Sein Buch EGO, Das Spiel des Lebens, beschreibt ein Spiel des Informationskapitalismus, der zerstört, wovon er lebt. Unweigerlich kommt einem Kronos in den Sinn. Hochmut, Macht und Hybris schüren seine Angst und er verschlingt seine Kinder, die ihn laut Prophezeiung eines Tages vom Thron stürzen, weil einer im Schutze Gaias, der Mutter Erde, überlebt. Und wieder beginnt das Spiel von neuem und endet, weil es zerstört, wovon es lebt… .
Es ist noch nicht allzu lange her, dass sich die Welt in Old- und New Economy spaltete, um am Ende zu der Erkenntnis zu gelangen, dass es weder alt noch neu, sondern nur eine erfolgreiche Ökonomie gibt. Träume wurden zerstört, Marken vernichtet und Ernüchterung machte sich breit unter jenen, die der Grenzenlosigkeit das Wort redeten.
Interessant ist, dass in einer Umfrage, die Readers Digest im Januar dieses Jahres zum Markenvertrauen der Deutschen veröffentlichte, vor allem die Markenklassiker besonders gut weg kommen, so z.B. Nivea, Haribo, Tschibo oder Maggi. Demgegenüber „liked“ die großen Player der digitalen Welt keiner. Jedenfalls sucht man sie unter den Positivbeispielen vergebens. Die Gewinner der Studie scheinen erkannt zu haben, dass Bekanntheit zwar ein wichtiger Aspekt ist, dass aber erst der Faktor Sympathie für Kundenbindung und Treue sorgt. Keine Frage: auch diese Marken haben mit Debatten und manchmal sogar mit Skandalen zu kämpfen. Wer dabei allerdings authentisch und glaubwürdig agiert, dem verzeiht man auch mal Fehler. Darum gelingt es diesen Unternehmen nach wie vor, ihre Kunden von der Qualität ihrer Produkte zu überzeugen, und dies nicht nur, weil es bequem ist, sondern weil sie einlösen, was sie versprechen und sie nicht versprechen, was nie zu halten war. Ein Fundament das trägt, auch in stürmischen Tagen.
Der Beitrag gehört zu einer Reihe von Rückblicken und wurde erstmalig am 4. März 2013 im HANDELSBLATT veröffentlicht.